Good Distribution Practice: GDP auf der letzten Meile
In der Pharmalogistik ist die Einhaltung der Good Distribution Practice (GDP) entscheidend, um die Qualität und Sicherheit pharmazeutischer Produkte bis zum Endverbraucher zu gewährleisten.
Besonders auf der letzten Meile, dem Endabschnitt der Lieferkette, stehen Logistikunternehmen vor der Herausforderung, diese hohen Standards aufrechtzuerhalten. Eine der größten Herausforderungen stellt die Kühlung dar.
Was gilt es dabei zu beachten, auf welchem Stand befindet sich die Kühllogistik und welche Lösungsansätze bieten sich für die Einhaltung der GDP-Richtlinien auf der letzten Meile an? Wir liefern in diesem ausführlichen Artikel die Antworten.
Inhaltsüberblick
1. Was bedeutet GDP?
2. Was ist die letzte Meile?
3. GDP-Richtlinien für die letzte Meile
4. Gründe für die Unterbrechung der Kühlkette auf der letzten Meile
5. Lösungen für eine GDP-konforme Kühlkette
6. Rechnet sich der Mehraufwand?
7. Fazit: Good Distribution Practice auf der letzten Meile
Was bedeutet GDP?
Die Good Distribution Practices (GDP) Guidelines sind Richtlinien, die sicherstellen sollen, dass die Qualität und Integrität von pharmazeutischen Produkten während des gesamten Distributionsprozesses gewährleistet wird.
Sie beinhalten Standards für den Umgang, die Lagerung und den Transport von Arzneimitteln, um ihre Wirksamkeit und Sicherheit zu erhalten. Die GDP-Richtlinien decken verschiedene Aspekte ab, wie die Qualifikation des Personals, die Qualitätssicherung, die Dokumentation, die Lagerbedingungen, den Transport und den Umgang mit Temperaturabweichungen.
Diese Richtlinien sind entscheidend für die Aufrechterhaltung der Qualität und Sicherheit pharmazeutischer Produkte, insbesondere für kühlkettenpflichtige Medikamente.
Die GDP-korrekte Kühlung nimmt dabei einen zunehmend starken Stellenwert ein. Derzeit wird geschätzt, dass etwa 20 Prozent aller Medikamente kühlkettenpflichtig sind, wobei diese Zahl sogar tendenziell zunimmt!
Was ist die letzte Meile?
Die letzte Meile in der Lieferkette bezieht sich auf den finalen Transportabschnitt, bei dem pharmazeutische Produkte vom Großhändler oder Distributionszentrum zum Endkunden, oft Apotheken, Kliniken oder direkt zu den Patienten, geliefert werden.
Hierbei ist die Einhaltung der GDP-Richtlinien besonders kritisch, da unvorhergesehenen Ereignissen wie beispielsweise stockender Verkehr in urbanen Gegenden zu Temperaturschwankungen der Produkte führen kann.
GDP-Richtlinien für die letzte Meile
Die Good Distribution Practice (GDP) Richtlinien für die letzte Meile in der Pharmalogistik unterscheiden zwischen „kühlkettenpflichtigen“ und „kühl zu lagernden“ Arzneimitteln.
Während „kühl zu lagernde“ Arzneimittel zwar im Kühlschrank aufbewahrt werden sollten, aber nicht unbedingt eine kontinuierliche Kühlung auf einem spezifischen Temperaturniveau benötigen, müssen „kühlkettenpflichtige“ Arzneimittel lückenlos vom Hersteller bis zur Anwendung bei einer Temperatur von 2 bis 8 Grad Celsius gelagert werden, um die Wirksamkeit zu gewährleisten.
Beispiele für solche Arzneimittel sind Lebendimpfstoffe gegen Mumps, Masern, Röteln oder Varizellen. Vor allem proteinhaltige Medikamente reagieren stark auf Temperaturschwankungen, da sich ihre Struktur dabei verändert.
Die genannten GDP-Richtlinien sind entscheidend für die Sicherstellung der Qualität und Wirksamkeit der Arzneimittel während des gesamten Transportprozesses, insbesondere auf der letzten Meile der Lieferung, wo die Risiken einer Unterbrechung der Kühlkette am höchsten sind.
Gründe für die Unterbrechung der Kühlkette auf der letzten Meile
Gerade auf der letzten Meile ist es schwierig, Produkte GDP-konform zu halten. Die Gründe:
- Fragmentierung des Prozesses: Die letzte Meile beinhaltet oft den Wechsel von Transportmitteln und Zustellmethoden, was die Überwachung und Aufrechterhaltung der erforderlichen Temperaturen erschwert.
- Zeitfaktor: Verzögerungen, etwa durch Verkehr, längere Lieferzeiten oder unvorhergesehene Ereignisse, können dazu führen, dass die Kühlung nicht ausreichend aufrechterhalten wird.
- Kontrollverlust: Im Gegensatz zu zentralisierten Lagern oder Transportabschnitten gibt es auf der letzten Meile oft weniger strikte Kontrollen und Monitoring-Systeme zur Überwachung der Temperatur.
Lösungen für eine GDP-konforme Kühlkette
Unserer Meinung nach gibt es aktuell zwei vielversprechende Entwicklungen, die die Zukunft der GDP-konformen Kühlkette auf der letzten Meile sicherstellen können:
- Ein potenzieller Retter: Quick Commerce
- Durchgehende Kühlung mithilfe der AIRFROSTER®-Systemlösung
Quick Commerce: Bald mehr als schnelle Pizzen?
Quick Commerce, auch bekannt als Q-Commerce, bezieht sich auf eine extrem schnelle Lieferung von Produkten, oft innerhalb von Minuten oder Stunden nach der Bestellung. Bekannt ist das Konzept vor allem in der Lebensmittelbranche – egal ob Gorilla oder HelloFresh. Das Business boomt.
Jetzt scheint sich die Idee auch auf den medizinischen Sektor auszuweiten. Pionier ist hier der Schnelllieferdienst First A – mittlerweile GoPuls. Wie die DAZ in ihrem Beitrag über das Start-Up ausführlich erläutert, steckt die Idee noch in Kinderschuhen. Die Lieferung von kühlkettenpflichtigen Arzneimitteln ist in naher Zukunft nicht allzu realistisch.
Und dennoch – das Modell hat Potenzial:
- Schnelle Lieferung: Quick Commerce ermöglicht eine sehr schnelle Lieferung direkt zum Kunden, was die Zeit, in der Arzneimittel einer potenziellen Temperaturabweichung ausgesetzt sind, minimiert.
- Spezialisierte Liefermethoden: Für temperatursensible Arzneimittel könnten spezialisierte Liefermethoden verwendet werden, beispielsweise isolierte Lieferbehälter oder Fahrzeuge mit Kühleinrichtungen.
- Flexible Lieferoptionen: Quick Commerce kann flexible Lieferoptionen bieten, die es den Kunden ermöglichen, Lieferzeiten zu wählen, in denen sie sicher zu Hause sind, um die Arzneimittel entgegenzunehmen und sofort richtig zu lagern.
Diese Aspekte könnten dazu beitragen, dass Quick Commerce eine effektive Lösung für die Herausforderungen der Aufrechterhaltung von GDP-konformen Kühlketten bei der Lieferung von Arzneimitteln auf der letzten Meile bietet.
Selbstverständlich müsste für eine erfolgreiche Implementierung dieses Modells eine enge Zusammenarbeit zwischen den Quick Commerce Anbietern, den Pharmaunternehmen und den zuständigen Regulierungsbehörden gegeben sein.
Durchgehende Kühlung: die AIRFROSTER®-Systemlösung
Statt einer neuen Art des Lieferservice kann man jedoch auch die Kühlsysteme perfektionieren – dies ist dank moderner Technologien auch schon heute möglich.
Wie weiter oben beschrieben: Das Problem der Temperaturschwankungen wird nicht lediglich durch Monitoring verhindert werden können, sondern es braucht ganz einfach bessere temperaturgeführte Logistik. Ein Schlagwort lautet durchgehende Kühlung.
Eutektische Kühlakkus für eine GDP-konforme letzte Meile
Eutektische Platten bzw. Kühlakkus sind ein Phasenwechselmaterial, das besonderen physischen Eigenschaften unterliegt. Jeder Kühlakku ist mit einer Flüssigkeit gefüllt, die bei einer bestimmten Temperatur festfriert. Den allmählichen Wechsel des Aggregatzustandes von flüssig zu fest bzw. umgekehrt nennt man Phasenwechsel. Abhängig von der Flüssigkeit, mit der der Kühlakku gefüllt ist, findet dieser Phasenwechsel bei einer anderen Temperatur statt.
Während des Transports von Waren werden eutektische Platten trotz der aktiven Kühlung eingesetzt.
Warum ergibt das Sinn?
Kühlakkus aus Phasenwechselmaterial benötigen frei verfügbare Energie, um den Aggregatzustand zu wechseln. Diese Energie wird der Umgebung, beim Wechsel von fest zu flüssig, in Form von Wärme entzogen. Das Packgut wird gekühlt!
Das geschieht in drei verschiedenen Phasen
Phase 1
Das Phasenwechselmaterial im Inneren des Kühlakkus befindet sich in festem Zustand.
Die Temperatur des Akkus steigt ab Öffnung der Lagerfläche und dem damit verbundenen Eindringen der Wärme langsam an, da nun wärmere Umgebungstemperaturen auf ihn einwirken.
Phase 2
Die Temperatur des Kühlakkus steigt weiter an, bis die Temperatur des eutektischen Punktes erreicht wird.
Der Kühlakku absorbiert Wärme, ohne dass sich dessen Temperatur verändert. In dieser Phase gibt der Akku eine konstante Temperatur innerhalb der Packung an die Umgebung und somit an das zu transportierende Produkt ab. Ziel des Isoliersystems ist es, diesen Phasenwechsel so lang wie möglich hinauszuzögern. In dieser Phase befindet sich das Akkuinnere in einem fest-flüssigen Zustand.
Phase 3
Der Phasenwechsel ist beendet und die Substanz im Inneren des Kühlakkus ist nun flüssig.
Nach einer deutlich längeren Kühlzeit steigt die Kühlakkutemperatur und nimmt schrittweise die Umgebungstemperatur an. In dieser jedoch deutlich längeren Zeitspanne unterliegen die Pharmazeutika keinerlei Temperaturschwankungen.
Die Kernfrage bleibt – Rechnet sich dieser Mehraufwand?
Dafür sehen wir uns zunächst die globale Pharmaindustrie in Zahlen an:
- 16,9 Milliarden $ waren der Wert des Pharma-Kühlkettenmarktes 2020
- 283 Milliarden $ für Pharmaprodukte, die eine Kühllogistik erfordern
- 7 % der Kosten der Pharma-Kühlkette entfallen auf den Gütertransport
Die EU-Regulierungsbehörden hatten bereits im Jahr 2013 neue Vorschriften für den temperaturkontrollierten Transport eingeführt, welche rund 80 % der Pharmaprodukte betreffen. Die WHO schätzt, dass jedes Jahr weltweit mehr als 50 % der Impfstoffe aufgrund von Problemen bei der Temperaturkontrolle verschwendet werden – was, zurückblickend auf die jüngste Pandemie, einen Wertverlust in Milliarden hervorbringt.
Und selbst bei strikter Temperatureinhaltung überstehen rund 20 % der pharmazeutischen Produkte den Transport nicht und werden durch Ausfälle und Stillstand beschädigt.
Feste isotherme Kälteakkus werden beim pharmazeutischen Transport besonders für folgende Waren verwendet:
- Impfstoffe
- Reagenzien
- Seren
- Insuline
- Proben
- Peptide
- Pharmazeutische Produkte
Die Lösung mit zusätzlicher passiver Kühlung durch Kühlakkus erscheint im ersten Moment wie eine weitere Investition ohne weitreichenden Effekt. Sprechen wir aber von einem Wertverlust in Höhe von 3,38 Milliarden $ im Jahre 2020 weltweiter Vernichtung pharmazeutischer Waren, so wirkt die Investition in eine zusätzliche Sicherung für wenige Tausend Euro fast wie geschenkt.
Fazit: Good Distribution Practice auf der letzten Meile
Die Gewährleistung der Good Distribution Practice (GDP) Richtlinien auf der letzten Meile der Arzneimittellieferkette ist entscheidend für die Sicherstellung der Qualität und Wirksamkeit temperatursensibler pharmazeutischer Produkte. Die Herausforderung besteht darin, die Kühlkette bis zum Endverbraucher ohne Unterbrechung aufrechtzuerhalten.
Angesichts der komplexen Anforderungen dieser Aufgabe, erfordert es eine Kombination aus fortschrittlicher Logistik, moderner Technologie und stringenten Prozesskontrollen.
Innovative Ansätze wie Quick Commerce könnten eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung dieser Herausforderung spielen, indem sie schnelle und flexible Lieferoptionen bieten. Aktuell ist dieses Modell jedoch noch nicht realisierbar.
Eine durchgehende Kühlung mithilfe eutektischer Kühlakkus bietet hingegen eine sofortige Lösung. Die prozesssichere und kosteneffiziente Systemlösung erleichtert die Sicherstellung der Kühlkette und ermöglicht so die GDP-konforme Lieferung bis auf die letzte Meile.
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